07.06.2023


Gerrit Schwalbach / beruflicher Werdegang

Interview mit Katharina Günther
 

Seit Mai bist du Teil des BPW-Teams. Was hat dich dazu bewogen, dich bei BPW zu bewerben?

Gerrit: Ich habe in der Vergangenheit bereits in Planungsbüros gearbeitet, unter anderem bei Pesch&Partner. Die letzten 8,5 Jahre war ich in der Verwaltung tätig, zuletzt in Hannover, wo ich das Sachgebiet Stadterneuerung mit rund 30 Kolleg:innen geleitet habe. Dort war ich zunehmend mit administrativen Aufgaben befasst. Daraus entstand der Wunsch, wieder zurück in die Projektarbeit zu gehen. Und lieber die Fehler wieder selbst zu machen, als sie anderen unter die Nase zu reiben (lacht).

Auf der Suche nach einer solchen Stelle war Bremen als Stadt in der engeren Auswahl und die Stellenausschreibung von BPW war präzise formuliert. Das hat mich angesprochen.

Beruflich hast du eine Reise mit interessanten Stationen hinter dir. Wo hat für dich die Reise begonnen?

Gerrit: Vor dem Studium in Hannover habe ich Tischler gelernt und ein bisschen Seefahrt gemacht. Als ich mein Diplom in der Tasche hatte, war die Stellenlage für Bewerber:innen ziemlich dürftig, der Wiedervereinigungsboom war zuende, die Büros haben eher Stellen abgebaut, weil vor allem in Ostdeutschland die Nachfrage an Planungsleistungen eingebrochen war. Meine ersten Jobs waren dann dennoch bei privaten Planungsbüros, in denen ich teilweise auch meine handwerklichen Fähigkeiten einbringen konnte. Über Mecklenburg und Osnabrück bin ich dann schließlich in Herdecke bei Pesch&Partner gelandet und habe in Dortmund gelebt. Ich gehe Themen und Fragestellungen gerne auf den Grund und so bin ich schließlich an der UNI Siegen als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Architekten gelandet. Sechs Jahre lang habe ich verschiedene Forschungsprojekte bearbeitet und war in der Lehre tätig. Dort habe ich auch meine Dissertation begonnen, die ich dann allerdings auf einem schönen Gutshof in der Nähe von Hannover fertiggeschrieben habe, wo ich seitdem mit meiner und anderen Familien zusammenlebe.

Hattest du als Kind schon einen Berufswunsch?

Gerrit: Baggerfahrer (lacht). Mein Vater war Landschaftsarchitekt mit einem eigenen Unternehmen, der Vater von meinem besten Kumpel war Architekt. Entsprechend war ich als Kind auf jeden Fall in Berührung mit der Planersphäre. Zunächst hat es mich ins Handwerk gezogen, aber da fehlte mir was. Es begleitet mich aber bis heute, wenn ich zum Beispiel bei uns auf dem Gutshof meine Tischlerfähigkeiten einbringe. Nebenbei hat mir die räumliche Vorstellungskraft auch nachher in der Architektur und im Städtebau geholfen.

Wir beide sind uns schonmal begegnet, das war im Referat für Stadtentwicklung bei der senatorischen Behörde hier in Bremen. Was hat dich an der Aufgabe/Stelle damals angesprochen?

Gerrit: Als sich meine Dissertation dem Abschluss näherte, habe ich mich nach einer Stelle umgesehen und bin auf die Ausschreibung in Bremen gestoßen. Da ging es um Wohnungsmarktmonitoring, Datenauswertung, kleiräumige Analyse und damit um ein Themenfeld, das ich in meiner Dissertation behandelt hatte. Daran konnte ich fachlich anknüpfen und auf einer strukturellen Ebene Planungsprozesse begleiten. Im Referat Stadtentwicklung waren wir eher mit informellen Planungsinstrumenten unterwegs und weniger in klassischen Verwaltungsabläufen eingebunden. Meine Entscheidung, dann nach Stadthagen zu gehen, hatte damit zu tun, dass mich nochmal der Ehrgeiz gepackt hat, in die formellen Planungsverfahren einzusteigen. In dem Mittelzentrum mit knapp 23.000 Einwohner:innen ist der Stadtplaner als Allrounder gefragt, von der Bauleitplanung über Stadtentwicklung, Grünpflege, Regenwasserrückhaltung bis hin zum Hochbau. Die Strukturen waren auch ganz andere als in Bremen oder Hannover. Eine Vorlage hatte ich teilweise in einem Tag abgestimmt.

Was magst du an deinem Beruf am liebsten?

Gerrit: Ich mag es, mich ganz in Themen zu vertiefen, um aus der Fülle der Informationen schließlich verständliche Drehbücher für Dritte zu schreiben.

Was war eins deiner Highlights bisher im Job?

Gerrit: In einem Forschungsprojekt haben wir uns damit beschäftigt, wie sich Stadtraum und Architektur durch Zuwanderung verändern. Wir sind sehr pragmatisch mit der Forschungsfrage umgegangen und haben uns in vielen Städten zahlreiche Gebäude, die gemeinschaftlich genutzt werden, angesehen. Teilweise hatten wir vorab nur eine vage Vorstellung, was uns erwartet und so haben wir vor Ort bei den Gemeinschaftseinrichtungen einfach angeklopft und sind so mit den Zuwanderungscommunities ins Gespräch gekommen. Wir haben uns angehört und verstanden, wie diese ohne staatliche Unterstützung ihre Einrichtungen gebaut haben und den Betrieb aufrecht halten. Die Fülle der neuen Eindrücke fühlten sich an wie ein Roadmovie. Mitten in Deutschland, wir waren insbesondere im Rhein-Main- und im Ruhrgebiet unterwegs, sind wir in andere Welten eingetaucht. Überall wurden wir sehr freundlich empfangen und wir haben großen Respekt entwickelt vor dem, was die Menschen dort leisten. Das waren oftmals recht pragmatisch und in Eigenleistung umgebaute Bestandsgebäude. Trotzdem war es den Menschen gelungen, sehr schöne und würdevolle Räume für das Gemeinschaftsleben zu schaffen. Zudem ist da richtig Leben in der Bude und in den Einrichtungen wird eine große Bandbreite an wichtigen sozialen und alltagspraktischen Hilfen angeboten. Mir wurde bewusst, dass mit Blick durch die übliche, fachplanerische Brille oftmals nicht alle Lebenssphären oder Netzwerke in unseren Städten für uns sichtbar werden. Das war sehr aufschlussreich und es ist für mich Ansporn, bei unserer Arbeit möglichst unvoreingenommen auf Menschen zuzugehen. Nur so erschließen sich einem neue Zusammenhänge. Klar braucht es Planung und leistungsfähige Verwaltungen – aber es braucht eben auch Stadträume, in denen sich Selbstinitiativen und Nachbarschaft außerhalb der formalen Planungsabläufe entwickeln können. Städte halten unglaublich viele Überraschungen für uns bereit – das macht unseren Beruf so spannend!

Gibt es ein Thema, einen Ort oder andere Personen, die in einem zukünftigen Projekt eine Rolle spielen sollten, wenn du es dir aussuchen könntest?

Gerrit: Ich würde mir ein Wohnmobil ausbauen, der einen kleinen Arbeitsraum enthält. Dann ziehe ich über die Dörfer, spreche mit den Menschen und analysiere ländliche Siedlungsstrukturen.

Vielen Dank für den Einblick. Herzlich Willkommen im Team! Wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit mit dir.

Kontakt